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„Englische Flieger beunruhigen
während der Nacht unsere Heimat.“
Luftschutz, Bomben und Flugblätter
Heek und Nienborg in der NS-Zeit 1933 - 1945
von Heinz Schaten
Vorbemerkungen: An einen weiteren Krieg dachten in
Deutschland im Jahre 1933 sicherlich wenige Menschen.
Zu schrecklich waren noch die Erinnerungen an das
Grauen des Ersten Weltkrieges. Und doch gab es Anzei-
chen – für die, die es wissen wollten – für denkbare künf-
tige Konflikte zwischen den Großmächten. Der national-
sozialistische Staat arbeitete nach 1933 kontinuierlich
darauf hin, die Bevölkerung empfänglich zu machen für
kommende kriegerische Auseinandersetzungen. Um die
zu erwartenden Konsequenzen daraus für das eigene
Volk, nämlich den Gefahren aus der Luft, zu begegnen,
propagierte sie schon frühzeitig die Notwendigkeit eines
umfassenden Luftschutzes. Zahlreiche Akten im Ge-
meindearchiv Heek belegen, wie allmählich die Bevölkerung durch gezielte Maßnahmen im-
mer intensiver auf vermeintlich drohende Angriffe hin stimuliert wurde, gerade so, als würden
diese bereits schon in nächster Zeit erfolgen. Hierzu war der Reichsluftschutzbund als trei-
bende Kraft gegründet worden. Es begann schleichend mit der Instruktion der Bevölkerung
über Luftrüstung und Angriffswaffen der Gegner und deren Wirkung und natürlich über die
Bedeutung von Luftschutzmaßnahmen gegen derartige Angriffe. Verdunkelungsübungen,
Schulungen und Lehrgänge über die feindliche Bedrohung hielten ständig der Bevölkerung die
Gefahr vor Augen. Es begann mit jedem Jahr deutlicher zu werden, dass irgendwann ein Krieg
ausbrechen könnte, ja gewollt war, wie dies dann auch tatsächlich mit dem Angriff der Deut-
schen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 geschah.
Die Jahre danach und im Besonderen ab 1944 erlebten die Einwohner eine dauernde An-
spannung in ihrem Alltag. Waren es 1940 noch wenige Bomben, die in Heek und Nienborg
fielen, so konnten sie doch häufig die riesigen Bomberströme am nächtlichen Himmel be-
obachten, die gegen die größeren Städte im Reich flogen. Dies vervielfachte sich bis zum
Ende im März 1945. Ab Januar 1944 gab es fast an jedem Tag öffentliche Luftwarnungen oder
akuten Fliegeralarm, wonach die Bevölkerung die privaten oder die öffentlichen Luftschutzkel-
ler aufsuchen, der Unterricht an den Schulen unterbrochen und die Schüler und Lehrkräfte die
Luftschutzräume aufsuchen mussten. Tagsüber machten ab 1944 Tiefflieger die Gemeinden
unsicher. Wenn man auch dankbar dafür war, dass direkte größere Bombenabwürfe wie in
den Nachbarstädten über Heek und Nienborg nicht erfolgten, so war die fortgesetzte Anspan-
nung nicht minder, wenn man noch bedenkt, dass die in Heek abgefeuerten Ferngeschosse
(V2) bei Entdeckung eine verheerende Katastrophe für die beiden kleinen Ortschaften bedeu-
tet hätte.
Die Akten im Gemeindearchiv Heek zeichnen die Jahre von 1933 bis 1945 in breitgefächer-
ten Sparten, kommunalen Anordnungen und detaillierten Aufzeichnungen des Alltags in Heek
und Nienborg auf. Die Nienborger Schulchronik gibt neben den Aufzeichnungen aus dem
Schulalltag viele Schilderungen über die NS-Partei, Krieg und Kriegsverlauf in Wort und Bild,
im Tone der damaligen Zeit wieder. Sie einzubeziehen bedeutet zum einen, eine wertvolle
schriftliche Quelle eines Zeitzeugen zu besitzen, gleichzeitig diese aber auch in ihrer Form und
Darstellung aus Sicht ihrer Zeit werten und beurteilen zu können. Beide Quellen ergänzen die
Angaben von weiteren Zeitzeugen und ordnen sie, wo nötig, neu ein, so dass sich ein umfas-
senderes Bild jener Zeit ergibt. Dieser Beitrag kann selbstverständlich nur ein Teilaspekt jener
Geschehnisse von 1933 bis 1945 sein, wobei andere Bereiche während dieser Zeit noch viel-
fältiger näherer Erforschungen bedürfen.
Englisches Flugblatt
(GA Heek, D 42)