von Heinz Schaten
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Wenn also zu den vorbenannten Problemen noch verheerende Unwetter die kleinen
Orte trafen, war dieses für die Eingesessenen eine schreckliche Katastrophe, die sie
in ihrer Existenz bedrohte. Die Erntekrisen in Westfalen 1816/17 hatten noch viele in
der Erinnerung.
„Seit dem allge-
mein bekannten
unglücklichen
Jahre 1816
[tra-
fen uns]
mehrere
harte Schläge“,
beklagten noch
1832 die Nien-
borger Gemein-
deräte die Mi-
sere. Doch kei-
ner konnte sei-
nerzeit ahnen,
wodurch diese
desaströsen Kli-
maveränderun-
gen verursacht
worden waren.
Das ein gewalti-
ger Vulkanaus-
bruch, und zwar
des Tambora
am 5. April 1815 auf der damals zu Britisch-Java gehörenden Insel Sumbawa, die
heute ein Teil von Indonesien ist, die Ursache war, kam erst viel später bei den Men-
schen in Europa an.
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Dieser Vulkanausbruch hatte eine verheerende Wirkung, denn
die Aschewolken zogen um den ganzen Globus und absorbierten vielerorts große
Mengen Sonnenlicht. In den Niederlanden folgte eine Überschwemmung nach der an-
deren und fast im gesamten deutschen Sprachraum kam es zu katastrophalen Miss-
ernten.
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Als „ein Jahr ohne Sommer“, beschrieben Chronisten seinerzeit das Jahr
1816.
Auch in den Jahren danach kam es immer wieder zu Katastrophen. Das Protokoll
der Heeker Unterstützungskommission zur Hilfeleistung für die vom Unglück Betroffe-
nen verzeichnete 1832:
„Die Calamitäten, welche in den vorhergehenden Jahren den Ackerbau im Allgemei-
nen trafen, lasteten schwer auf hiesiger Bürgermeisterei. In dem vorhergehenden
Jahre [1831] ward Roggen als Hauptfrucht der Getreidewirtschaft durch den Spätfrost
so beschädigt, daß derselbe kaum die Hälfte des gewöhnliches Ertrages gab, so daß
die Verluste zufolge eidlicher Abschätzung 13309 Thaler betrugen. In dem vor-vorigen
Jahre (1830) vernichtete die ungewöhnliche Näße eine großen Theil der Sommer-
früchte, und die gemähte Winterfrucht verdarb vor dem Einscheuern auskeimend größ-
tentheils; auch das Erntejahr 1829 hatte uns einen geringen Ausfall gegeben, so daß
seit drei Jahren nur Zufuhren aus den Ostengegenden das tägliche Brod gaben. Bei
den hohen Kornpreisen hatten die Eingesessenen fast keine Einnahmen von ihrem
Gewerbe, nur Ausgaben und nur Geldanleihe und milde Gaben haben sie bis dahin
erhalten, wo die nahe Ernte üppiger Früchte das tägliche Brod vom eigenen Acker und
eigene Einnahmen zur Bestreitung der öffentlichen Lasten verhieß.“
Ansicht von Nienborg, 1930er Jahre
(Foto: Klaus Wiethaup)