Öffentliche Tanzlustbarkeiten in Nienborger Lokalen
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Wenn dieser Sachverhalt zutreffend sei, schrieb der Landrat dem Amtmann zurück,
so liege „
kein Grund vor, die Erlaubniß für nächsten Sonntag zu verweigern, da Pro-
bantin sich in der nicht unbegründeten Voraussetzung befand, daß die einmalige Ein-
tragung in die besagte Liste, für die Zukunft maßgebend sei, als abändernde Anträge
nicht gestellt worden wären.“
Mit selbigem Schreiben nahm er auch Stellung zu dem Antrag des Wirtes Stöcker:
„
Sollte p.Stöcker sich in gleicher Lage befinden, so wird auch diesem die Erlaubnis
nicht versagt werden können, selbst auf die Gefahr hin, daß der p. Rolink dabei nicht
auf seine Unkosten kommen würde.“
Um Klarheit für die Zukunft zu gewährleisten,
ordnete er an, „
daß die Anträge in Zukunft für jedes Kalenderjahr zu erneuern sind und
spätere Anträge unberücksichtigt bleiben würden.“
Dem hatte der Amtmann nicht viel entgegen zu hal-
ten. Der Fehler lag wohl in der ungenauen Formulie-
rung, die der Polizeidiener den Wirten vorgelegt hatte
und damit natürlich auch in seiner eigenen Verantwor-
tung. Es fiel von Niebelschütz jedoch schwer, die Tan-
zerlaubnisscheine ausstellen zu müssen, waren dies
doch nicht die „wahren“ Gründe gewesen, die Geneh-
migungen zu versagen. Am 1. August verfasste er
eine Antwort an den Landrat, indem er seine ableh-
nende Haltung erläuterte:
„Die Angabe der p. Bilderbeck, daß ihr nur auf
Grund der nicht rechtzeitigen Anmeldung der Tanzer-
laubnisschein verweigert sei, entspricht nicht der
Wahrheit. Der Hauptgrund des diesseitigen ablehnen-
den Bescheides ist die gänzlich mangelnde Aufsicht
beim Tanz im Bilderbeck’schen Lokale. Die Mutter ist
in Folge krankhafter Fettleibigkeit nicht mehr bewe-
gungsfähig und nicht mehr im Stande, die Treppe zum
Tanzlokale hinauf zu steigen. Die beiden Töchter ge-
ben sich ausschließlich dem Tanze hin und sind we-
gen ihres intimen Verkehrs mit ganz jugendlichen
Fabrikarbeitern, pp. kaum geeignet, sich in Respekt
zu setzten.
Die Tanzlustbarkeiten bei der p. Bilderbeck werden meistens von Leuten frequen-
tiert, die in anderen Lokalen wegen Trunkenheit hinausgeworfen wurden und ist in
späteren Stunden der wüste Lärm, der dort herrscht, Ekel erregend und Prügeleien
nicht selten. Schon aus diesen Gründen werde ich so lange, den p. Bilderbeck’s bei
neuen Beantragungen den Tanzerlaubnisschein verweigern bis durch ev. Verheirat-
hung einer Tochter eine Mannsperson ins Haus kommt, die bei derartigen Veranstal-
tungen auf Ordnung und Sitte hält.
Ferner erlaube ich mir noch zur Sache zu bemerken, daß deshalb der Bilder-
beck’sche Antrag und mein ablehnender Bescheid zu Protokoll genommen und die
Paula Bilderbeck zum Unterschreiben aufgefordert wurde; dieselbe verweigerte dies
unter dem Vermerk, ihre Mutter befragen zu müssen, blieb jedoch aus und wurde des-
halb angenommen, daß die p. Bilderbeck sich mit dem ihr gewordenen Bescheid be-
ruhige. Es war mir unter diesen Umständen nicht möglich, dem Königlichen Landrath-
samte durch Randberichte die Gründe meines ablehnenden Bescheides zu unterbrei-
ten. Aus obigen Gründen bitte ich, die p. Bilderbeck abschlägig bescheiden zu wollen.“
Burgtor/ Kirche in Nienborg,