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D o r f g e s c h i c h t e n
von Heinz Schaten
„Du kannst mich doch nicht in Verdacht haben“.
Die zerrissenen Zeichnungen des Amtstechnikers Josef Bruns
Gastwirtschaft Hartmann in Heek
(Postkarte 1905, GA Heek/E.Bohn)
Es war Mittwochabend, der 23. Mai 1906, als der Amtstechniker Josef Bruns nach
einem langen Arbeitstag sein Fahrrad an einen Baum stellte, eine Rolle Zeichnungen
auf einen der Tische legte und in die Wirtschaft am Bahnhof einkehrte, wo er vom Wirt
Bernhard Hartmann und dessen Ehefrau Maria, geborene Schilling, begrüßt wurde. Er
ging weiter in die „Vorderküche“, wo sich schon die Herren Schulze Tenberge aus Epe
und Hermann Leveling aus Wext befanden. Der Vater der Wirtin, Hubert Schilling, be-
fand sich in der „Hinterküche“. Mit dem Eintreffen des Zuges um ½ 7 Uhr von Ahaus,
entfernten sich Schulze Tenberge und Leveling. Sie blieben, wie Bruns durch ein Fens-
ter beobachten konnte, einen Augenblick auf der Chaussee nach Nienborg stehen,
und gingen dann weiter. Hierauf kamen
der
Schneider Heinrich Lammers und sein
Geselle, Heinrich Schmitz, beide aus Nienborg, von einem Gerichtstermin in Ahaus,
„in ganz guter Stimmung in die Küche herein, sprachen vom Verlauf des Termins und
waren angeheitert, aber anscheinend unzufrieden“.
Mit Ihnen gekommen war noch der
Uhrmachergeselle Carl Berenbrock aus Gelsenkirchen, zurzeit in Heek Nr. 197 [heute
Bahnhofstraße 39] bei dem Uhrmacher Gerhard van Wüllen wohnend. All das fiel Josef
Bruns auf, wie er später zu Protokoll gab. Auch fiel ihm auf, wie sich nach etwa fünf
Minuten der Schneider Lammers in die „Hinterküche“ begab,
„angeblich um dem Ge-
sellen eine Tasse Kaffee zu besorgen, womit er aber solange ich in der Küche war,
nicht kam.“
Als Bruns später die Wirtschaft verließ, war seine Rolle Zeichnungen, die er auf dem
Tisch vor dem Hause abgelegt hatte, verschwunden. Er stürzte zurück in den Gast-
raum, befragte den Wirt Bernhard Hartmann, ob er gesehen hätte, wer die Zeichnun-
gen entwendet, oder ob sich gar einer damit einen Spaß erlaubt habe. Doch dieser