heek - page 111

von Heinz Schaten
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Männer sich den ganzen Mittag in und bei Heek herumgetrieben hatten, und – besonders auch
der Verunglückte – stark betrunken waren.“
Der Bekannte des Ertrunkenen sei ein kräfti-
ger Bursche gewesen mit rotem Gesicht, blondem Schnurbart und habe einen rötlich
braunen Rock getragen. Sein Alter schätzte er auf etwa 40 Jahre.
Niebelschütz richtete einen Brief an das Amtsgericht in Ahaus und bat um schnelle
Erteilung der Genehmigung zur Beerdigung des Verstorbenen, da
„die Schuld eines
Dritten an dem Tode absolut ausgeschlossen ist und sich unzweifelhaft ergibt, daß der Tod
ohne Verschulden des bei dem Verunglückten befindlich gewesenen – allerdings merkwürdi-
gerweise ausgerückten Mannes – eingetreten ist.
“ Die Genehmigung des Gerichts wurde
dann auch bereits am folgenden Tag erteilt, so dass die Leiche am 28. August auf dem
Friedhof in Heek beerdigt werden konnte.
Polizeidiener Hermann Büscher stellte indessen in Heek weitere Nachforschungen
an und traf dabei auf den 47-jährigen Schieferdecker Wilhelm Umberg aus Bochum
und den 43 Jahre alten Schlosser Johann Rechtewald aus Luxemburg. Beide hatten
gehört, dass am Abend zuvor ein fremder Mann in der Dinkel ertrunken sei und erzähl-
ten dem Polizeidiener, dass sie den Mann aufgrund der Beschreibung zu kennen
glaubten. Nachdem sie die Leiche im Spritzenhaus gesehen hatten, waren sie sich
ganz sicher, dass es sich dabei um den Schlosser Heinrich Schmitz, aus Königssteele,
ca. 43 Jahre alt, katholisch, ledig und
„domizillos“
handeln würde. Sie hatten denselben
auf ihrer Wanderschaft häufig getroffen, zuletzt vor etwa vierzehn Tagen bei
„Schulze
Temming auf Beerlage bei Billerbeck.“
Mit den Handwerksburschen ging Polizeidie-
ner Büscher am Samstagmorgen zum Nienbor-
ger Amt und nahm die Aussagen der Beiden zu
Protokoll. Um für eventuelle weitere Nachfor-
schungen in der Angelegenheit zur Verfügung zu
stehen, quartierten sich Umberg und Rechtewald
bei dem Gastwirt Bernhard Heisterborg am Markt
ein. Da nun die wahrscheinlichen Personalien
des Ertrunkenen vorlagen, telegraphierte Amt-
mann Niebelschütz unverzüglich mit der Polizei-
behörde Königssteele und beschrieb den Un-
glücksfall und die Person des Heinrich Schmitz. Ihm ging es neben der Bestätigung
der Personalien durch das Amt natürlich ganz besonders auch um die familiären Ver-
hältnisse von Heinrich Schmitz, denn nur so konnten Ersatzansprüche über die ent-
standenen Kosten der Obduktion und der Beerdigung gestellt werden. Die Antwort des
Amtes Königssteele
4
, die ein paar Tage später eintraf, musste ihn enttäuschen, denn
sie lautete:
„Heinrich Schmitz, geboren am 6. Juli 1848, katholischer Religion, treibt sich stets
umher, ohne festen Wohnsitz, ist mehrfach wegen Bettelei bestraft. Über die Familienverhält-
nisse des Schmitz könne Auskunft nicht erteilt werden.“
1
Hermann Stange, Sohn des Webers Heinrich Stange, Heek Nr. 54. GA Heek C 73 Einwohnerliste
1870 ff.
2
GA Heek Akte C 97 – Acta specialia betreffend vorgefallene Unglücksfälle
3
1 Fuß = 37,66 cm (Preußische Maße ab 1816)
4
Es handelt sich um das ehemalige Amt Königsstelle im Ruhrgebiet bei Essen.
Briefkopf Amt Königssteele
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