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„… ist verpflichtet, die ankommenden Kranken
gleich nach ihrer Ankunft von hier auf einer sich hierzu eignenden
Karre nach Schöppingen zu fahren.“
Kranke „Hollandgänger“ in der Bürgermeisterei Nienborg
von Heinz Schaten
„Hollandgänger“ nannte man die Saisonarbei-
ter, die von sozialer Not getrieben, in die Nieder-
lande (Holland) zogen um dort als Grasmäher o-
der Torfstecher zu arbeiten.
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Bereits seit dem 17.
Jahrhundert bestand ein Wohlstandsgefälle zwi-
schen Westfalen und Holland und Westfriesland.
In Holland waren die Löhne höher,
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so dass jedes
Frühjahr Zehntausende
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von Westfalen in die nie-
derländischen Provinzen Groningen, Friesland
und Nord- und Südholland zogen um dort bei Bauern zu arbeiten. Sie kamen vor allem
aus dem Teil Westfalens, der westlich der Linie Osnabrück, Soest, Arnsberg lag. Da
sie sich vornehmlich nur von Speck ernährten – sie wurden daher von den Holländern
als „spekfretters“ beschimpft – und von morgens früh bis abends spät arbeiteten und
oft nur in Scheunen oder Erdhöhlen wohnten, erkrankten sie sehr häufig.
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Die Arbeits-
bedingungen der Grasmäher und der Torfstecher waren extrem hart.
Ansicht von Nienborg
(Postkarte, Repro: GA Heek, E. Bohn)
Bis zu 16 Stunden Akkordarbeit an sechs Tagen in der Woche waren die Regel,
wobei die Torfstecher mitunter noch den ganzen Tag bis zu den Knien im Wasser
standen. An der Nahrung wurde gespart, denn die Arbeiter wollten möglichst wenig
von ihrem Lohn für Lebensmittel ausgeben. Viele „Hollandgänger“ wurden unter die-
sen Umständen krank, zumal in den Moorgebieten die Malaria grassierte, an der bis
Aktentitel, C 53 GA Heek
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