heek - page 94

D o r f g e s c h i c h t e n
3186
indeß glaube er, daß vielleicht einer von den in Legden wohnenden Juden ihm die Kuh
gestohlen hätte, um dieselbe bis zum nächsten Sonntag, wo daselbst Kirchmeß sey,
zu schlachten.“ Dieser Verdacht läge doch nahe, da der „unbekannte Mann nebst der
Frau, die dem Münstermann begegneten, ihre Richtung mit der gestohlenen Kuh von
Schürmann Hause, Böhmers Haus vorbey zum Brinke genommen hätten, um so aller
Wahrscheinlichkeit nach in diesem nach Legden führenden Wege weiter dahin zu zie-
hen.“
2
Auch Bürgermeister Louis von Plönies vermutete, mangels anderer Indizien, dass
es möglicherweise so gewesen sein könnte, obwohl es lediglich Behauptungen des
Wilhelm Schürmann waren und nur Folgerungen aus der Aussage seines Nachbarn.
Traute man Juden eher zu, Diebstähle zu begehen als anderen Menschen und konnte
man aus der Äußerung von Hermann Münstermann, der aufgrund der seltsamen
nächtlichen Erscheinung vor Angst davon gelaufen war, schließen, dass könnten am
ehesten doch wohl Juden gewesen sein?
Jedenfalls schrieb von Plönies noch am selben Tage an seinen Amtskollegen, Bür-
germeister Häger, in Ahaus, berichtete ihm von dem Verdacht des Diebstahls und bat
ihn, den Wilhelm
Schürmann, zusam-
men mit dem dorti-
gen Polizeidiener,
im Wege der Amts-
hilfe, nach Legden
zu entsenden, „um
bey den dort woh-
nenden Juden, –
soweit solches zu-
lässig ist – eine Visi-
tation abzuhalten.“
Noch ehe die Ant-
wort aus Ahaus ein-
traf, ging diesmal
Vater Schürmann
selbst zum Bürger-
meister und berich-
tete ihm, dass er die
ihm gestohlene Kuh
wiedererhalten habe
und zwar auf sehr
merkwürdige Art und
Weise: „Eine nahe
bey seinem Hause wohnende Tagelöhnerin Namens Adeltrud Gausling, welche ges-
tern bey ihren Verwandten in Cohsfeld gewesen, habe daselbst erfahren, daß dem
Kerkenkötter im Kirchspiel Ochtrup eine Kuh zugelaufen, deren Signalement mit der
gestohlenen [Kuh] übereinstimme. Hierauf hat er heute Morgen seinen Sohn hin ge-
sandt, welcher die Kuh bei dem Kötter wirklich wiedergefunden habe, der ihm dieselbe
nicht nur sogleich wieder übergeben, sondern auch erklärt hatte, daß die Kuh am Mitt-
woche, dem 2ten, Morgens um 11 Uhr, ihm zugelaufen sey und noch das Strick um
die Hörner gehabt hätte, welches dasselbe sey, womit sie im Stalle bey ihrer Entfüh-
rung sey angebunden gewesen.“
Hauptstraße in Heek,1930er Jahre
(Foto: Klaus Wiethaup)
1...,84,85,86,87,88,89,90,91,92,93 95,96,97,98,99,100,101,102,103,104,...150
Powered by FlippingBook