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von Heinz Schaten
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jeden Mißbrauch übernehmen. Bleibt indeßen der Herr Pfarrer dabei, daß das beab-
sichtigte Volksfest gegen die vorherrschende kirchliche Feier anstößig erscheint, sollte
es vorgezogen werden, ersteres zu untersagen, die Schützengesellschaft zu veranla-
ßen, das Vogelschießen an einem anderen Tage abzuhalten.“
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Diesen Streit hatte bereits auch sein Vorgänger, Bürgermeister Louis von Plönies
zum ersten Male im August 1826 geführt. Die Nienborger Gast- und Schankwirte – und
davon gab es 1826 immerhin sechs – baten am Sonntag, den 27. August „Tanzlust-
barkeiten“ abhalten zu dürfen. Sie begründeten dieses damit, „daß sie an solchem
Tage durch Abhaltung von Tanzlustbarkeiten Gelegenheit erhielten, ihr vorzügliches
Verdienst zu suchen und ihr Gewerbe, wofür sie die Steuer dem Staate entrichteten
im Schwunge zu setzen, zudem die Tanzlustbarkeit nur in Gemäßheit Verfügung
Hochlöblicher Regierung nach dem beendigten Gottesdienst beginne“.
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Von Plönies war
bekannt, dass an die-
sem Sonntag in Nien-
borg eine „große Pro-
zeßion“ abgehalten
werden würde. Er in-
formierte daher, wie
es die Vorschriften
vorsahen, Pastor An-
ton Schwicking, der
jedoch keineswegs
damit einverstanden
war. Er ersuchte von
Plönies, den Gastwir-
ten zu untersagen,
Tanzlustbarkeiten
abzuhalten, wenigs-
tens vor 6 Uhr abends
nicht damit zu begin-
nen. Von Plönies, ent-
rüstet über die Anmaßung des Pastors, beschwerte sich beim Landrat von Westhoven
in Ahaus: „Nach den hier eingegangenen sicheren Erkundigungen, daß die Geistlich-
keit Nachmittags gar keinen Gottesdienst halte, erlaubte ich den Wirthen in der übli-
chen Art gegen Erlegung von 15 Sgr. an die Armen-Kasse Tanzmusik zu halten. Hier-
mit ist der Pastor dem Vernehmen nach nicht zufrieden und hat sich sogar angemaßt,
vor 6 Uhr, wolle er keine Erlaubniß ertheilen. Da nun die Verfügung Hochlöbl. Regie-
rung vom 20t. May 1822 in Uebereinstimmung mit jener vom 27t. August 1816 nur das
Untersagen der Tanzmusik wird dahin interpretiert haben wollen, daß erst nach been-
digtem Gottesdienst derartige Lustbarkeiten sollen abgehalten werden“, ersuchte er
deshalb den Landrat, „geneigtest verfügen zu wollen, wie ich in künftigen Fällen, mich
in dieser Angelegenheit zu benehmen habe und wenn ich bitten darf – die Grenzlinie
– des Pfarrers – puncto der in Rede stehenden Sache geneigtest feststellen zu wollen;
zumal der Pastor Schwiecking sich mit der Verfügung vom 20t. May 1822, worin zwar
nur von „Mitwirkung“ des Pfarrers die Rede ist – außerordentlich brüste.“
Der Landrat antwortete ihm: „Die Verordnung von 1822 spricht allgemein und hat
die ältere von 1816 erweitert. Nach der von 1822 als letztergangenen, müßten sie sich
richten.“ Im Übrigen habe die Regierung ihm erlaubt Ausnahmen vom Verbot solcher
Prozession in Nienborg, Hauptstraße
(Foto 1940er Jahre: Klaus Wiethaup)
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